An einer Mauer
Eine ganze Zeit gehe ich nun schon an dieser Mauer entlang.
Efeu und Rankengewächse nutzen sie als Rankhilfe.
Auf der einen Seite die vielbefahrene Straße - auf der anderen Seite diese hohe Mauer.
Ich fühle mich eingeengt.
Die Mauer gibt dem Berghang halt, bietet mir Schutz,
aber sie engt mich ein
und zwingt mich hier unten an der Straße entlang zu gehen.
Die Mauer, ein Bauwerk von Menschenhand geschaffen.
Manchmal wenn ich eine Mauer sehe,
denke ich an die Mauern in mir.
Jeder hat Mauern, Grenzen,
die wir nicht selbst errichtet haben,
die uns einfach gegeben sind.
Die Grenzen die uns gesetzt sind:
durch unsere Begabungen,
durch unser Geschlecht,
durch das Umfeld in das wir hineingeboren wurden,
durch die Familiensituation,
durch gesundheitliche Einschränkungen.
Jeder hat seine Grenzen und muss lernen sie anzunehmen.
Aber wir lassen auch zu, dass andere uns Grenzen setzen,
durch gesellschaftliche Normen?
Wir glauben uns anpassen zu müssen.
Wir lassen uns auf einen bestimmten Weg zwingen,
weil wir nicht auffallen möchten,
weil wir nicht den Mut haben zu unseren Überzeugungen zu stehen,
weil es bequemer ist, einfach mit zu laufen.
Wir tun das und denken das, was eben alle denken und tun.
Wir merken gar nicht, dass andere uns Mauern errichten,
die unsere Freiheit einschränken.
Dann gibt es noch die Mauern, die wir uns selber bauen:
Manchmal fehlt das nötige Selbstvertrauen,
manchmal fehlt der Mut zum "Nein".
Wir lassen uns leben, statt zu leben.
Ich bin nicht für alles zuständig und verantwortlich.
Ich darf so sein wie ich bin, so wie Gott mich geschaffen hat.
ER sagt zu jedem von uns:
Du bist wertvoll, so wie du bist.
Das macht frei und kann helfen, die ein oder andere Mauer zu überwinden.
Über jeder Mauer dehnt sich der Himmel,
keine Mauer bedeutet das Ende der Welt.
Martin hat in sich in seinem Leben Grenzen widersetzt,
Mauern eingerissen
und die Weite des Himmels verkündet.
Ingird Hillen (2017)